WORTE 

vom 28. November - 04. Dezember 2004

ausgewählt von  
Altfried G. Rempe, Trier, Katholische Kirche

 

 

Sonntag, 28. November 2004

Umschmieden

Überall werden die Leute sagen: »Kommt, wir gehen auf den Berg des Herrn, zu dem Haus, in dem der Gott Jakobs wohnt! Er soll uns lehren, was recht ist; was Gott sagt, wollen wir tun!«
... Er weist die Völker zurecht und schlichtet ihren Streit. Dann schmieden sie aus ihren Schwertern Pflugscharen und aus ihren Speerspitzen Winzermesser. Kein Volk wird mehr das andere angreifen und niemand lernt mehr das Kriegshandwerk. Auf, ihr Nachkommen Jakobs, lasst uns in dem Licht leben, das von Gott ausgeht!
Der Prophet Jesaja in einer Vision über Jerusalem – ein Wort von Sehnsucht und Hoffnung auch heute.

Jes 2,1-5 – in Auszügen

 

Montag, 29. November 2004

Stillleben...

Ich habe stets einen grinsenden Totenschädel zur Hand, der mich an die Vergeblichkeit allen menschlichen Strebens gemahnt. Ich verspotte diesen Schädel. Ich sehe ihn an und sage: "Da bist du an den Falschen geraten. Du glaubst vielleicht nicht an das Leben, aber ich glaube nicht an den Tod. Mach, dass du weiterkommst." Der Schädel lacht gehässig und rückt noch ein Stückchen näher, aber das wundert mich nicht... Das Leben ist so schön, dass der Tod sich in es verliebt hat, ein eifersüchtiger, gieriger Liebhaber, der an sich rafft, was er zu fassen bekommt. Aber das Leben macht mühelos den Sprung über das Vergessen... und Düsternis ist nichts als der flüchtige Schatten einer Wolke.

Yann Martel, im Roman "Schiffbruch mit Tiger" (Büchergilde Gutenberg, 2003, S. 20)

 

Dienstag, 30. November 2004

Es werde hell

Es werde hell auf der Erde. Aus klein werde groß, aus wenig werde viel, aus dunkel werde hell. Aus Trauer werde Freude, aus Hass werde Liebe, aus Wüste werde Garten. Aus heute werde morgen, aus Worten werden Taten, aus Erde werde Himmel. Aus Knospe werde Blüte, aus Korn werde Ähre, aus Tropfen werden Meere. Es werde hell auf der Erde.

Wilhelm Willms: Es werde hell (in: Alle Nächte werden hell, Butzo&Bercker Kevelaer 1980)

 

Mittwoch, 1. Dezember 2004

Herbst

Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten; sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an: es ist in allen. Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält.

Rainer Maria Rilke: Herbst

 

Donnerstag, 2. Dezember 2004

Morgen ohne Gespenster

Wieder ein Morgen ohne Gespenster im Tau funkelt der Regenbogen als Zeichen der Versöhnung.
Du darfst dich freuen über den vollkommenen Bau der Rose, darfst dich im grünen Labyrinth verlieren und wiederfinden in klarer Gestalt.
Du darfst ein Mensch sein arglos.
Der Morgentraum erzählt dir Märchen, du darfst die Dinge neu ordnen, Farben verteilen und wieder schön sagen an diesem Morgen du Schöpfer und Geschöpf.

Rose Ausländer: Versöhnung; zitiert nach: W. Wolf/R. Spennhoff (Hgg.): Zusammen wachsen, Neukirchen-Vluyn und Stuttgart 1999, 128

 

Freitag, 3. Dezember 2004

Wunder

Die Hummel hat 0,7 Quadratzentimeter Flügelfläche bei 1,2 Gramm Gewicht. Nach den Gesetzen der Aerodynamik ist es unmöglich bei diesem Verhältnis zu fliegen... Die Hummel weiß das aber nicht und fliegt einfach trotzdem.

Hummel-Flug – gefunden auf der Hummel-Seite von bombus.de

 

Samstag, 4. Dezember 2004

Engel...

Wir Menschen sind Engel mit nur einem Flügel. Wenn wir fliegen wollen, müssen wir uns umarmen.
Eine freundliche Aufforderung.
Wir Menschen sind Engel mit nur einem Flügel. Wenn wir fliegen wollen, müssen wir uns umarmen.