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WORTE
vom 21.-27. November 2004
ausgewählt von Pfarrerin Ilka
Sobottke,
Mannheim, Evangelische Kirche
Sonntag, 21. November 2004
Auf die Frage des Spiegel, von dem Meinungsforschungsinstitut EMNID
ermittelt, ob es ein Leben nach dem Tod gibt, sind von hundert Befragten
achtundvierzig dafür und achtundvierzig dagegen.
Und wer entscheidet?
Lothar Zenetti
Montag, 22. November 2004
Als Kind wusste ich: Jeder Schmetterling, den ich rette, jede Schnecke
und jede Spinne und jede Mücke, jeder Ohrwurm und jeder Regenwurm wird
kommen und weinen, wenn ich begraben werde. Einmal von mir gerettet, muss
keines mehr sterben. Alle werden sie kommen zu meinem Begräbnis. Als ich
dann groß wurde, erkannte ich: Das ist Unsinn. Keines wird kommen. Ich
überlebe sie alle. Jetzt im Alter frage ich: Wenn ich sie aber rette bis
ganz zuletzt kommen doch vielleicht zwei oder drei?
Erich Fried
Dienstag, 23. November 2004
Der du meine Wege mit mir gehst. Jede Laune meiner Wimper spürst.
Meine Schlechtigkeiten duldest und verstehst. Weißt du wohl, wie heiß du
oft mich rührst?
Wenn ich tot bin, darfst du gar nicht trauern. Meine Liebe wird mich
überdauern und in fremden Kindern dir begegnen und dich segnen.
Lebe, lache gut! Mache deine Sache gut!
Joachim Ringelnatz
Mittwoch, 24. November 2004
Was tust du am liebsten von der ganzen Welt, Pu? "Tja" sagte
Pu "was ich am liebsten tue..." Und dann musste er innehalten
und nachdenken. Denn obwohl Honigessen etwas sehr gutes war, was man tun
konnte, gab es doch einen Augenblick, kurz bevor man anfing den Honig zu
essen, der noch besser war als das Essen, aber er wusste nicht wie der
hieß. Und dann fand er mit Mit-Christopher-Robin-zusammen-sein, war auch
etwas sehr angenehmes, was man tun konnte... Deshalb sagte er, nachdem er
alles durchdacht hatte: "Am liebsten von der Welt mag ich, wenn ich
und Ferkel dich besuchen gehen und du sagst: ‚Wie wär’s mit einem
kleinen Imbiss’ und ich sage ‚gegen einen kleinen Imbiss ist
eigentlich nichts einzuwenden oder was meinst du Ferkel?’ und draußen
ist ein Tag, in dem irgendwie Gesumm drin ist und die Vögel singen.
A. A. Milne
Donnerstag, 25. November 2004
"Das mag ich auch" sagte Christopher Robin, "aber was
ich am liebsten tue, ist gar nichts." "Wie tut man gar
nichts?" fragte Pu, nachdem er lange gegrübelt hatte. Das ist, wenn
man es gerade tun will und die Leute wollen von einem wissen: ‚Und was
willst du jetzt tun, Christopher Robin?’ Und dann sagt man ‚Och gar
nichts’ und dann tut man’s einfach...
A. A. Milne
Freitag, 26. November 2004
Jeden Morgen gehen die Frauen aus dem Dorf hinunter zum Fluss. In
großen Tonkrügen holen sie Wasser, denn im Dorf gibt es keine Quelle.
Eines Morgens schaut eine der Frauen verträumt einem Schmetterling
hinterher. Dabei stolpert sie, der Krug wird beschädigt. Einen zweiten
hat sie nicht, auch kein Geld für einen neuen, und so umwickelt sie den
Krug notdürftig mit ihrem Tuch. Aber das Wasser tropft heraus und als sie
im Dorf ankommt, ist die Hälfte weg. "Ach" klagt sie "was
für ein Unglück. Warum war ich bloß so unvorsichtig? Alle anderen
bringen mehr Wasser nach Hause! Meine Mutter hat Recht, ich bin wirklich
zu nichts nütze!" Eines Morgens aber, als die Frauen wieder zum
Fluss gehen, ist der schmale Pfad gesäumt von grünen Gräsern und vielen
kleinen Blumen, rot gelb und weiß leuchten sie. "Das waren deine
Wassertropfen", lachen die Frauen, "sie haben den staubigen Weg
zum Blühen gebracht!"
Samstag, 27. November 2004
Morgen
Ich könnte morgen nicht einmal denken, wenn da nicht wäre. Die
Erinnerung an dich und das warten darauf, dass du kommst. Dein Advent,
dein kommen in diese Welt.
Komm auch zu mir und lass mich dich nicht übersehen, wenn du kommst.
Michael Lipps
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