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WORTE
vom 17.-23. Oktober 2004
ausgewählt von Dr.
Peter
Kottlorz, Rottenburg, Katholische Kirche
Sonntag, 17. Oktober 2004
Eine
junge Frau kommt zum Wanderer. „Ich möchte ihnen etwas erzählen“,
sagt sie. „Ich habe immer geglaubt, die Gabe des Heilens zu besitzen,
doch ich hatte nie den Mut, sie bei jemanden auszuprobieren. Bis eines
Tages mein Mann einen starken Schmerz im Bein hatte und niemand da war,
der ihm hätte helfen können. Es war mir zwar furchtbar peinlich, aber
ich legte meine Hände auf sein Bein und bat den Schmerz zu verschwinden.
Ich tat es ohne recht daran zu glauben, dass ich ihm werde helfen können
als ich ihn beten hörte: ’ Gott, ich bitte dich, mach’ dass meine
Frau fähig ist eine Botin deines Lichtes und deiner Stärke zu sein.’
Meine Hand wurde heiß und der Schmerz verschwand. Hinterher fragte ich
ihn, warum er so gebetet hatte. Er antwortete, er habe es getan, um mir
vertrauen zu geben. Heute kann ich dank dieser Worte heilen.“
„Die
Botin des Lichts oder vom Selbstbewusstsein“ von Paulo Coelho
Montag, 18. Oktober 2004
Michel
Angelo wurde einmal gefragt wie es käme, dass er so wunderbare Werke
schaffen könne. „Es ist ganz einfach“, sagte er. „Wenn ich einen
Marmorblock betrachte, sehe ich die Skulptur darin. Ich muss nur noch das
entfernen, was nicht dazu gehört.“ Der Meister sagt: „In jedem von
uns steckt ein Werk, das darauf wartet geschaffen zu werden. Es ist ein
Mittelpunkt unseres Lebens. Und wenn wir uns auch noch so sehr betrügen,
so wissen wir doch wie wichtig es für unser Glücklichsein ist. Oft ist
dieses Kunstwerk unter jahrelangen Ängsten, Schuldgefühlen und
Unentschlossenheit verschüttet. Doch wenn wir beschließen alles wegzuräumen,
was nicht dazu gehört, wenn wir nicht an unseren Fähigkeiten zweifeln,
dann können wir die Aufgabe erfüllen, die uns bestimmt wurde. Diese ist
die einzig mögliche Art ehrenhaft zu leben.
„Unser
Lebenswerk“ von Paulo Coelho
Dienstag, 19. Oktober 2004
Als
der Wanderer zehn Jahre alt war, bestand seine Mutter darauf, dass er
Sportunterricht nahm. Eine Übung bestand darin von einer Brücke ins
Wasser zu springen. Er kam fast um vor Angst, stellte sich ganz hinten in
die Reihe und litt mit jedem Jungen, der vor ihm sprang, denn bald würde
der Augenblick kommen, in dem er selbst springen musste. Eines Tages zwang
ihn der Lehrer, der seine Angst bemerkte als erster zu springen. Er hatte
zwar genau soviel Angst, aber sie war so schnell vorbei, dass er nun mutig
wurde. Der Meister sagt: „Häufig müssen wir auf den richtigen
Augenblick warten. Manchmal aber müssen wir sofort handeln und ins kalte
Wasser springen. In solchen Fällen ist Aufschieben das Allerschlimmste.
"Vom
Sprung ins kalte Wasser"
von Paulo Coelho
Mittwoch, 20. Oktober 2004
Der
Meister sagt.“ Heute wäre ein guter Tag um etwas Außergewöhnliches zu
tun. Zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit auf der Straße tanzen. Einem
oder einer Unbekannten in die Augen schauen und von der Liebe auf den
ersten Blick sprechen. Dem Chef gegenüber eine Idee vorbringen, mit der
wir uns vielleicht lächerlich machen, an die wir jedoch glauben. Ein
Instrument kaufen, das wir schon immer spielen wollten, aber nicht wagten.
Die Krieger des Lichts gestehen sich solche Tage zu. Wir können den Tag
auch dazu benutzen um alte Wunden zu lecken, die immer noch weh tun. Wir können
jemanden anrufen, den nie wieder anzurufen wir uns geschworen haben,
obwohl wir uns über eine Nachricht auf unserem Anrufbeantworter riesig
gefreut hätten. Heute könnte ein Tag sein, der nicht ins Pensum passt,
das wir jeden Morgen aufsetzen. Heute ist jeder Fehler erlaubt und
verziehen. Heute ist ein Tag der Lebensfreude.
"Aus
der Reihe tanzen"
- von Paulo Coelho
Donnerstag, 21. Oktober
2004
Das
Leben ist wie ein großes Radrennen, dessen Ziel darin besteht seinen
Lebensentwurf zu leben. An der Startlinie sind wir alle beieinander, einträchtig,
begeistert, doch je länger das Rennen währt, desto mehr treten an die
Stelle der anfänglichen Freude die wahren Herausforderungen: Erschöpfung,
Monotonie, Zweifel an den eigenen Fähigkeiten. Wir stellen fest, dass ein
paar Freunde vor der Herausforderung kapituliert haben. Sie sind zwar noch
im Rennen, jedoch nur weil sie nicht auf halbem Weg aufhören können.
Viele radeln nur noch neben dem Servicewagen her, reden miteinander, sind
nur noch dabei weil sie müssen. Wir lassen sie schließlich hinter uns
und müssen uns dann der Einsamkeit stellen. Den Überraschungen, den tückischen
Kurven, den Problemen mit dem Fahrrad. Am Ende fragen wir uns ob sich
diese ganze Anstrengung überhaupt lohnt. Es lohnt sich, nur nicht
aufgeben.
"Das
Radrennen"
von Paulo Coelho
Freitag, 22. Oktober 2004
„Wer
ist der beste Schwertkämpfer“, fragt ein Krieger seinen Meister. Geh’
hinaus auf das Feld beim Kloster“, sagte der Meister, „dort steht ein
Felsen, beschimpfe ihn.“ „Warum sollte ich das tun?“ fragte der Schüler
„der Felsen wird nicht antworten“. „Dann greif ihn mit dem Schwert
an“, sagte der Meister. „Auch das werde ich nicht tun“, entgegnete
der Schüler „mein Schwert würde zerbrechen und griffe ich ihn mit
meinen Händen an, würde ich mir die Finger verletzen ohne etwas
auszurichten. Ich möchte wissen, wer der beste Schwertkämpfer ist.“
„Der beste Schwertkämpfer ist der“, sagte der Meister, „der
dem Fels gleicht. Ohne die Klinge zu ziehen, gelingt es ihm zu zeigen dass
niemand ihn besiegen kann.
„Der beste Schwertkämpfer“
von Paulo Coelho
Samstag, 23. Oktober 2004
Der
Meister sagt, wir alle brauchen Liebe. Liebe ist Teil der menschlichen
Natur genauso wie essen, trinken und schlafen. Manchmal sind wir
vollkommen allein, betrachten einen wunderbaren Sonnenuntergang und
denken, diese Schönheit macht keinen Sinn, weil ich sie mit niemandem
teilen kann. In diesen Augenblicken sollten wir fragen, wie häufig sind
wir um Liebe gebeten worden und haben uns einfach abgewandt. Wie oft haben
wir Angst gehabt uns jemandem zu nähern und ihm oder ihr ins Gesicht zu
sagen, dass wir verliebt sind. Hütet euch vor der Einsamkeit, sie macht
genau so süchtig wie die stärkste Droge. Wenn der Sonnenuntergang keinen
Sinn für dich zu haben scheint, sei demütig und mache dich auf die Suche
nach Liebe, denn du musst wissen, dass es bei ihr wie auch bei anderen
spirituellen Segnungen ist. Je mehr du zu geben bereit bist, desto mehr
wirst du im Gegenzug empfangen.
"Liebe"
- von Paulo Coelho
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