WORTE vom 25.-31. Januar 2004

 

ausgewählt von Ambros Tremel, Ludwigshafen, Katholische Kirche

 

 

Sonntag, 25. Januar 2004

Gelassenheit

An einem kalten stürmische Tag im Frühjahr brach eine Schnecke auf, um den Stamm eines Kirschbaumes empor zu klettern. Die Spatzen auf dem Nachbarbaum lachten über ihr Unterfangen. Da flog ein Spatz auf die Schnecke zu und piepste sie an. "He, du Dummkopf, siehst du nicht, dass auf dem Baum keine Früchte sind!" Der Winzling ließ sich nicht aufhalten und sagte: "Macht nichts, bis ich oben bin, sind welche dran."

Brigitte Straßner

 

Montag, 26. Januar 2004

Verliebt

Jack saß am Fenster und rief zu seiner Gattin Eve, die in der Küche spülte: "Dort geht die Frau, in die Jim so wahnsinnig verliebt ist." Eve ließ die Tasse fallen, stürzte durch die Tür, stieß das Goldfischaquarium zu Boden und reckte ihren Hals aus dem Fenster. "Wo" rief sie. "Dort", zeigte er, "die Dame mit dem Umhang." "Du Idiot!" zischte Eve. "Das ist doch seine Frau!" "Ja natürlich", sagte er sanft.

Gisbert Kranz

 

Dienstag, 27. Januar 2004

Richtet nicht

Drei Einsiedler lebten so heilig, dass Gott für sie täglich ein eigenes Wunder veranstaltete: Wenn sie im Fluss baden wollten, hängten sie ihr Gewand in den Wind und das blieb hängen. Eines Tages waren die drei wieder im Wasser. Da sahen sie, wie ein Raubvogel hernieder stieß, einen Fisch schnappte und davonflog. Der erste Einsiedler sagte: "Böser Vogel!" Da fiel das Gewand zu Boden. Der zweite Einsiedler sagte: "Armer Fisch!" Auch sein Gewand fiel zu Boden. Der dritte sagte nichts, sondern blickte dem Vogel schweigend nach. Sein Gewand blieb in der Luft.

Gisbert Kranz

 

Mittwoch, 28. Januar 2004

Verborgener Gott

Ein kleiner Junge spielte mit einem anderen Verstecken. Er verbarg sich gut und wartete auf seinen Freund. Er wartete und wartete, und schließlich wurde es ihm zu lang, und er kam aus seinem Versteck. Aber der andere war nirgends zu sehen. Da merkte er, dass der andere ihn von Anfang an nicht gesucht hatte. Weinend lief er zu seinem Großvater und beklagte sich über den Spielverderber. Da fing auch der Großvater an zu weinen und rief: "Genau das sagt auch Gott: Ich verberge mich, aber keiner will mich suchen. Was sind die Menschen für Spielverderber!"

Gisbert Kranz

 

Donnerstag, 29. Januar 2004

Für eine gerechtere Welt

Jeder Mensch hat ein Recht darauf, für harte Arbeit fair entlohnt zu werden, insbesondere die Bauern in den Entwicklungsländern. Ich finde es wichtig, dass wir, die keinen Hunger haben, unseren Beitrag leisten und uns für diejenigen einsetzen, die unsere Hilfe brauchen."

Franziska von Almsick

 

Freitag, 30. Januar 2004

Ich war politischer Gefangener. In den ersten drei Tagen durfte ich weder schlafen noch sprechen und wurde unaufhörlich verhört. Dann kam ich in eine Zelle ohne Licht. Das Essen, das ich bekam, war Schweinefutter. Eines abends nahm ich die Bibel zur Hand, die zwei Nonnen ins Gefängnis gebracht hatten. Ich hatte sie zuerst wütend links liegen lassen. Jetzt fiel mein Blick auf das Johannes-Evangelium. Dort stand: "Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Und sollten sie dich foltern, erinnere dich daran, dass sie mir das zuerst angetan haben." Da habe ich wieder gebetet. Und später wurde ich Priester.

Gisbert Kranz "Verborgener Gott"

 

Samstag, 31. Januar 2004

Es ist nicht leicht in Ghana zu leben. In Ghana funktioniert eigentlich gar nichts. Viermal hatte ich Malaria und wurde in einem erbärmlich kleinen Krankenhaus wieder auf die Beine gebracht. In den ersten Wochen denkst du dir manchmal, Hoppla, ich bin hier für ein ganzes Jahr. Aber als Fazit kann ich sagen, dass ich es jedem empfehlen würde einmal in einem Dritte Welt Land zu leben und zu arbeiten. Es prägt total, wenn man unter anderen Bedingungen gelebt hat, an seine Grenzen gestoßen ist und Dinge entbehrt hat. Manchmal fällt mir auf, wie oberflächlich manche Leute hier sind. Die Auslandserfahrung erweitert das Denken und den Horizont. Ich habe mich verändert und bin dadurch viel offener geworden.

Volker Nicolei, Pfadfinder