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http://www.swr.de/swr1/rp/sendungen/anstoesse/2004/12/05/index.html

Anstöße

Sonntag, den 5. Dezember 2004

Von Klaus Rudershausen, Alt-Katholische Kirchengemeinde Wiesbaden
"An jenem Tag wächst aus dem Baumstumpf Isais ein Reis hervor,
ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht.
Der Geist des Herrn lässt sich nieder auf ihm: der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht. Er erfüllt ihn mit dem Geist der Gottesfurcht."
Ein Bild, das mich fasziniert: Abgestorben sieht er aus, dieser Baumstumpf, knorrig, tot, leblos, - und daraus entsteht Leben!
Ein wunderbares Bild für den Advent, dessen zweiten Sonntag wir heute feiern.
Das wünschen sich manche unter uns:
Dass aus Leblosem wieder etwas entsteht, das mit Leben gefüllt ist:
…da ist die Krankheit, die Pläne zerplatzen ließ und die Zuversicht, die mir trotz allem daraus erwächst!
…da ist die Beziehung, die gescheitert ist und der neue Keim, der hoffen lässt, dass aus Zerbrochenem sich etwas formen lässt!
…da ist die Kirche, die für viele out ist und die mit einem Mal zu einem Ort wird, der Geborgenheit schenken kann!
…da ist der verlorene Arbeitsplatz mit der Frage, wie es weitergeht und der kleine Hoffnungsschimmer mit neuen Perspektiven!
Klar, es ist nicht einfach mit diesem Erwachsen zum Leben. Es gibt sie, die Zeiten der Leblosigkeit, in denen nur so etwas wie ein "Baumstumpf" zu sehen ist, ohne jungen Trieb, ohne "Reis", das hervorwächst, ohne Leben - manchmal viel zu lang, als dass wir’s aushalten könnten.
Gerade jetzt im Advent geht es darum, solche Strecken durchzutragen. Wir können nicht alles überspringen, auch wenn wir dies oft versuchen. Advent ist viel mehr die Phase des toten Baumstumpfes, neues Leben ist noch nicht unbedingt sichtbar. Advent ist aber auch das Spüren darum, dass Leben mehr sein muss als nur das, was wir machen können, mehr als unsere Termine, mehr als Stress und vorweihnachtliche Hektik.
Bei einer Umfrage, welches denn "ihre" sieben wichtigsten Wörter im Advent seien, wurde die "Ruhe" am häufigsten genannt. Bei vielen mögen Zeitdruck und Eile, Lärm und Anstrengung mehr erfahren werden als Ruhe, Schweigen, Stille. Die Sehnsucht danach ist jedoch bei vielen vorhanden.
Advent - das ist eine besondere Zeit. Die zweite Woche beginnt, drei Viertel der Chance sind noch vorhanden, mal ruhig durchzuatmen, zur Ruhe zu kommen, den Advent zu gestalten.
Dass aus alten Wurzeln neues Leben entsteht, ist beim Propheten Jesaja auf den Messias bezogen - für uns kann es zusätzlich bedeuten: Lass den Advent nicht einfach so vorüberziehen, gib dich nicht allein der Hektik hin, sondern lass Dich beschenken- so spürst du neu, wie das Leben blüht!
Ich wünsche Ihnen einen guten zweiten Advent!