Rundfunkarbeit der Kirchen im SWR




 

 

WORTE vom 17.- 23.8.2003

 

ausgewählt von Pfarrer, Roland Spur, Evangelische Kirche

 

 

Sonntag, 17. August 2003

Die Familie ist um den Esstisch versammelt, Sonntagsessen. Der ältere Sohn überrascht alle mit seiner Ankündigung: »Ich werde Susanne heiraten.«
»Was, das Mädchen von Gegenüber? Nichts Besseres gefunden?« unterbricht die Mutter das Schweigen. »Aber ihre Familie hat ihr keinen Pfennig hinterlassen,« missbilligt der Vater. »Und sie selbst hat nicht gespart,« ergänzt die Mutter. »Die versteht rein gar nichts von Fußball,« brummt der Bruder. »Ich habe noch nie ein Mädchen mit so einer blöden Frisur gesehen,« wirft die Schwester ein. »Sie tut nichts als billige Romane lesen.« meint der Onkel. »Und sie zieht sich ziemlich geschmacklos an,« meckert die Oma. »Dafür spart sie nicht mit Make-up,« sagt die Tante. »Alles richtig,« sagt der Sohn, »aber sie hat, mit uns verglichen, einen großen Vorteil!« »Und der wäre?« fragen alle gespannt. »Sie hat keine Familie!«  

»Familienbande«, Quelle unbekannt 

 

Montag, 18. August 2003

Guten Tag 
Ich will mein Leben zurück
Es war im Ausverkauf und Angebot, die Sonderaktion
»Tausche blödes altes Leben gegen neue Version«
Ich gebe zu 
ich war am Anfang entzückt 
aber euer Leben zwickt und drückt nur dann nicht 
wenn man sich bückt
»Tausche blödes altes Leben gegen neue Version« 
Ich hab es kaum zu Hause ausprobiert da wusste ich schon 
an dem Produkt ist was kaputt, das ist die Reklamation 
Ich tausch nicht mehr
Guten Tag 
Ich will mein Leben zurück 

Judith Holofernes: »Guten Tag« (Reklamation)  aus dem Album: Wir sind Helden  LC 10057 
V
ergleiche:
»Es ekelt mich vor diesem ganzen Leben, drum halt ich meine Klage nicht zurück; es muss heraus, was mich verzweifeln lässt!« [Hiob, Kapitel 10, Vers 1a]

 

 Dienstag, 9. August 2003 

Albert Einstein war 1933 von Deutschland in die U.S.A. emigriert. Einstein sollte am Institute for Advanced Study in Princeton, New Jersey eine neue Arbeit finden. Doch zuerst ging’s nach Pasadena, Kalifornien, und man lud die Einsteins ein, die Sternwarte des Mount-Wilson-Observatoriums zu besuchen. Dort stand das damals größte Fernrohr der Welt. Und während Einstein sich mit Wissenschaftlern unterhielt, wie etwa mit Edwin Hubble, dem Entdecker des Urknalls, zeigte einer der Astronomen Frau Einstein das fünf-Meter-Teleskop. Sie fragte, wozu man ein so riesiges Instrument benötige. »Das brauchen wir,« erklärte ihr der Wissenschaftler, »um die Dimensionen des Weltraums auszumessen«. Seltsam«, erwiderte Elsa Einstein, »mein Mann macht das auf dem Rücken gebrauchter Briefumschläge.« 

eine amerikanische Anekdote

 

Mittwoch 20. August 2003

Graffiti an der Einfahrt einer Villa bei Kapstadt  

Wenn ich geboren werde
bin ich schwarz
wenn ich aufwachse
bin ich schwarz
wenn ich in die sonne gehe
bin ich schwarz
und auch wenn ich sterbe
bin ich schwarz
ABER DU!
Wenn du geboren wirst
bist du rosa
wenn du aufwächst
bist du weiß
wenn dir speiübel ist
bist du grün
wenn du in die sonne gehst
bist du rot
wenn dir eisig kalt ist
bist du blau
und wenn du stirbst
bist du lila
UND DU WAGST ES WIRKLICH
mich einen farbigen zu nennen?

ein unbekannter schwarzer Südafrikaner 

 

Donnerstag, 21. August 2003

Paris Bahnhof Gare-du-Nord. Nachmittag. Im Express Berlin–Warschau treffen ein junger Mann und ein alter Jude zusammen. Der junge Mann verstaut sein Gepäck und fragt den älteren Herrn: »Pardon Monsieur, wissen Sie, wie spät es ist?« Keine Antwort. Am nächsten Morgen, kurz vor der Ankunft in Poznan,  blinzelt der alte Mann ihn an, wirft einen Blick auf seine Uhr: »9 Uhr 30 ist es jetzt« und holt seine Reisetasche aus dem Gepäcknetz. Der junge Mann reibt sich das Gesicht. Warum er die Antwort erst jetzt bekomme, fragt er verwundert. »Sehen Sie, junger Mann, ich habe mir gedacht, wenn ich Ihnen die Uhrzeit gleich sage, werden wir ins Gespräch kommen. Sie werden mir sagen, dass Sie in meine Stadt fahren, dass Sie zum ersten Mal dort sind und ein Quartier suchen, und ich werde Sie, weil ich ein freundlicher Mensch bin, zu mir einladen. Dann werde ich Sie mit meiner Tochter bekannt machen, Sie werden sich in Rachele verlieben und sie eines Tages heiraten. Da habe ich mir gesagt: Was soll ich mit einem Schwiegersohn, der nicht einmal eine Uhr hat?«    

eine jüdische Anekdote 

 

Freitag, 22. August 2003 

Ein reicher Großkaufmann in Bagdad schickte seinen Mitarbeiter mit einem Auftrag zum Basar. Der kam rasch wieder zurück, zitternd vor Angst. »Herr«, rief er, »ich sah auf dem Markt einen Fremden. Ich schaute ihn an, blond, blaue Augen, bewaffnet und erkannte: Das ist der der Tod! Er hob auch die Hand drohend gegen mich und ging davon. Ich hab’ so große Angst! Gebt mir ein Pferd, Herr, bitte, damit ich sofort nach Samarra reiten kann, ich muss fliehen, möglichst weit fort vor dem Tod!« Der Kaufmann machte sich um seinen treuen Mitarbeiter große Sorgen und gab ihm sein schnellstes Pferd. Aufgesprungen und nichts wie weg im wilden Galopp. Später am Tag ging der Kaufmann selbst zum Basar, um noch ’was zu erledigen. Dort sah er in der Menge einen Mann, auf den diese Beschreibung passte, den Tod. Er ging auf ihn zu und fragte: »Du hast heute Morgen meinem Diener gedroht. Was hatte das zu bedeuten?« Ich habe dem Mann keineswegs gedroht. Meine Geste drückte viel mehr mein Erstaunen aus, ihn hier in Bagdad anzutreffen. Mir hatte man nämlich gesagt, dass ich ihn heute Abend im Samarra treffen würde.« 

nach Anthony de Mello: Gib deiner Seele Zeit, Herder, 1999   

 

Samstag, 23. August 2003 

Der Berliner Theologe und Kirchenhistoriker Adolf von Harnack machte einen Besuch in seiner baltischen Heimat. Er kam zu seiner alten Tante in Dorpat – die Stadt heißt heute Tartu – und erfuhr dort von ihr, dass sie sich mit einigen gleichaltrigen Damen zu einem Bibel-Lesekränzchen zusammengetan hatte, und dass sie gerade den Propheten Hesekiel lasen. »Donnerwetter, den Propheten Hesekiel!« Etwas überrascht fragte der Berliner Starprofessor seine betagte Tante: »Aber versteht Ihr das denn auch?« »Nun ja«, antwortete die alte Dame, »was wir nicht verstehen, das erklären wir uns eben.«

eine Berliner Anekdote