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WORTE
vom 27.07.-02.08.2003
ausgewählt von Ambros
Tremel, Ludwigshafen, Katholische Kirche
Sonntag, 27. Juli 2003
Jesus
Schmunzelnd betrachtete er die flatternde Fahne, lief zwischen Autos
bei Rot über die Kreuzung grüßte freundlich die schimpfende Politesse
und gab dem Bettler die letzte Zigarette.
Doch dann ging er in diese Bar um mit Freunden zu feiern, sagte er.
Wir trauten uns nicht hinein.
Und so habe ich Jesus aus den Augen verloren.
Martina Kissel
Montag, 28. Juli 2003
Die Blumen des Blinden
In einem kleinen Haus mit einem großen Garten lebte ein blinder Mann.
Er verbrachte jede freie Minute in seinem Garten und pflegte ihn trotz
seines Handikaps mit großer Hingabe. Ob Frühling, Sommer oder Herbst,
der Garten war ein Blütenmeer.
Sagen Sie, bemerkte ein Vorübergehender, der die Pracht bestaunte, warum
tun Sie das? Sie können doch davon nichts sehen, oder?
Der Blinde lächelte: Erstens, ich liebe die Gartenarbeit, zweitens ich
kann meine Blumen anfassen und riechen. Und der dritte Grund sind Sie: ich
wusste, Sie würden irgendwann vorbeikommen und hätten Freude an meinen
herrlichen Blumen. Und ich hätte Gelegenheit, mich mit Ihnen darüber zu
unterhalten.
H.L. Gee
Dienstag, 29. Juli 2003
Freundliches Herz
Warmes Wetter fördert das Wachstum, kaltes tötet es ab. So mangelt es
Menschen mit unfreundlichem Charakter an Freude, aber einer mit warmem und
freundlichem Herzen gewinnt überfließenden Segen und seine guten Taten
werden auch nach seinem Tod sein Glück bewirken.
Hung Tzu Cheng, chinesischer Zen-Meister
Mittwoch, 30. Juli 2003
Entschleunigung
Die Eile hat der Teufel erfunden, das weiß ein türkisches Sprichwort.
Wir sprechen von himmlischer Ruhe. Nicht nur die Nerven vieler Zeitgenossen
liegen blank unter dem ständigen Stress. Auch unsere Seelen nehmen Schaden
und leiden unter der Hektik. Wenn immer alles schneller gehen muss, wenn es
keine Pausen mehr geben darf, dann braucht es das Gegengewicht: die
Entdeckung der Langsamkeit. Statt Beschleunigung täte Entschleunigung not.
Anselm Grün
Donnerstag, 31. Juli 2003
Riskiere einen Fehler
Viele haben den Anspruch, das Leben müsste ohne Gefahr verlaufen. Man
müsse sich gegen alle Gefahren versichern, damit einem ja nichts passieren
könne. Aber je mehr man sich absichert, desto unsicherer wird man. Und
allmählich traut man sich nichts mehr zu. Alles muss versichert sein. Ohne
ausreichende Sicherheit kein Wagnis. Das führt immer mehr zur Erstarrung,
wie es die politische und wirtschaftliche Situation heute deutlich genug
zeigt. Wir kommen aus dieser Sackgasse nur heraus, wenn wir etwas wagen,
wenn wir auch einen Fehler riskieren.
Anselm Grün
Freitag, 1. August 2003
Wahre Freiheit
Wer Freiheit nur so versteht, dass er tun kann, was er will, der ist oft
genug an seine eigenen Wünsche gebunden. Die wahre Freiheit drückt sich
darin aus, dass ich frei bin von mir selbst, dass ich mich in dieser
Freiheit für andere einsetzen kann, dass ich mich frei an ein Werk hingeben
und mich vergessen kann im Dienst an den Menschen.
Anselm Grün
Samstag, 2. August 2003
Der Blick auf den Embryo
Das erste Bild, das wir heute in der Regel von einem Menschen haben,
kommt vom Ultraschall: Der Blick des Arztes auf den Embryo bei der
vorgeburtlichen Untersuchung. Nicht die Mutter blickt zuerst auf das Kind
und der Vater; sie tun es dann mit den Augen des Arztes, der nach Fehlern
sucht, nach Schwächen oder gar nach den Schwachen. Ist das der Blick der
Liebe?
Franz Kamphaus, Bischof von Limburg
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