WORTE vom 15.-21.09.2002

 

ausgewählt von Ilka Sobottke, Mannheim, Evangelische Kirche

 

 

 

Sonntag, 15. September 2002

Dass einige vieles
Und die meisten weniger
Oder wenig haben
Kann man damit erklären
Dass einige bedeutend und die meisten unbedeutend sind
Dass einige fast alles und die restlichen fast gar nichts haben
Kann man damit erklären
Dass einige klug und die restlichen dumm sind
Dass einige mächtig und die anderen ohnmächtig sind
Kann man damit erklären
Dass einige verschlagen
und die anderen die geschlagenen sind
Zwar heißt es
Vor Gott sind alle Menschen gleich
Aber welcher Bedeutende
will sich schon mit einem Unbedeutenden
Welcher Kluge
will sich schon mit einem Dummen
Welcher Verschlagene
will sich schon mit einem Geschlagenen
Auf eine Stufe stellen
Wer will das schon
Teile und herrsche nicht
Aber wer kann das schon?

H.D. Hüsch

 

 

Montag, 16. September 2002

Steh auf, Gott

Die Herrschenden spielen mit dem Volk
Und führen es an der Nase herum
Die Menschen rufen die Ohnmacht Gottes aus
Du aber, Gott, kommst uns entgegen:
Die Unmündigen berührst du mit deiner Hand
Und sie tuen ihren Mund auf gegen ihre Feinde
Leben erbitten sie von dir
Und du hilfst ihnen so

Dass sie sich selber wieder helfen können
Deine Linke trifft ihre Widersacher
Und deine Rechte rückt die Gottlosen zurecht
Denn wer meint
Der Mensch sei dem Menschen untertan
Und das sei gottgewollt der läuft in die Irre
Und wer glaubt
Alles Leben sei machbar und planbar
Der schlägt sich selber auf sein Hirn...
Steh auf Gott unter den Völkern
Erhebe dich aus deiner Götterdämmerung
Damit es uns endlich dämmert
Und wir den Tag erleben
Dein ist das Reich und die Kraft
Und die Herrlichkeit...

Hans Dieter Hüsch, nach Psalm 21

 

 

Dienstag, 17. September 2002

Die Bäume gingen hin
Um einen König über sich zu salben
Und sprachen zum Ölbaum
Sein unser König
Aber der Ölbaum antwortete ihnen
Soll ich meine Fettigkeit lassen
Die Götter und Menschen an mir preisen
Und hingehen über Bäumen zu schweben?
Da sprachen die Bäume zum Feigenbaum
Komm du und sei unser König
Aber der Feigenbaum sprach zu ihnen:
soll ich meine Süßigkeit und meine gute Frucht lassen und hingehen über den Bäumen zu schweben?
Da sprachen die Bäume zum Weinstock
Komm du und sei unser König
Aber der Weinstock sprach zu ihnen
Soll ich meinen Wein lassen
Der Götter und Menschen fröhlich macht
Und hingehen über den Bäumen zu schweben?
Da sprachen alle Bäume zum Dornbusch
Komm du und sei unser König!
Und der Dornbusch sprach zu den Bäumen
Ist's wahr dass ihr mich zum König über euch salben wollt
So kommt und bergt euch in meinem Schatten
Wenn nicht so Feuer vom Dornbusch aus
Und verzehre die Zedern des Libanon.

Im Buch der Richter im 9. Kapitel

 

 

Mittwoch, 18. September 2002

Das sture Einhalten von Regeln führt nicht zum Guten.
Es macht einfach dumm
Da wird die Regel zum Selbstzweck.
Und wenn sie nicht mehr eingehalten wird, weil sie einen Sinn hat, wird sie sinnlos
Das haben wir verfolgen können in dem Duell Kanzler und Kanzlerkandidat.
Ich weiß nicht, wer von ihnen es gesehen, aber eines ist klar: es war langweilig und das deshalb, weil den Journalisten nichts so wichtig war, wie das Einhalten der Regeln.
Ich aber würde am liebsten nur den wählen, der es sich traut gegen die Regel zu verstoßen, weil ihm etwas wirklich wichtig ist, weil es ihm um die Sache geht und nicht darum korrekt mitzuspielen und dafür von der Altherrenriege der Journalisten und Politiker gelobt zu werden.

Aus einer Predigt am Sonntagmorgen

 

 

Donnerstag, 19. September 2002

Die Aktion

Vote: Ohne Stimme hört dich keiner
Stellt Fragen an den Musiker Piet Blank von Blank & Jones
Wie würdest du einen jungen Nichtwähler überzeugen zur Wahl zu gehen?
Ich glaube es ist eines der wichtigsten Rechte
Die wir in unserem Land haben
Und jede Stimme die man nicht abgibt
Geht quasi direkt an diejenigen
Für die man am wenigsten Sympathie hat
Gerade wir Deutsche sollten aus der Geschichte gelernt haben
Dass man lieber einmal zuviel seine Meinung sagt
Als einmal zuwenig
Was lehnst du in Bezug auf Politik total ab?

Trainspotting und Anbiederung
Ich finde es peinlich wenn Politiker
Sich auf der Love Parade präsentieren wollen
Ein Politiker ist umso seriöser und glaubwürdiger
Je mehr er sich mit seinen Aufgaben beschäftigt

 

 

Freitag, 20. September 2002

Wenn der Gerechten viel sind
Freut sich das Volk
Wenn aber der Gottlose herrscht
Seufzt das Volk
Ein König richtet das Land auf durchs Recht
Wer aber viel Steuern erhebt
Richtet es zugrunde
Der Gerechte weiß um die Sache der Armen
Der Gottlose aber weiß nichts
Ein König der die Armen treulich richtet
Dessen Thron wird für immer bestehen.
Menschenfurcht bringt zu Fall
Wer sich aber auf den Herrn verlässt wird beschützt
Viele suchen das Angesicht eines Fürsten
Aber eines jeglichen Recht
Kommt vom Herrn

(Sprüche der Weisheit

 

 

Samstag, 21. September 2002

Mit einer klaren Aufforderung
Auf jeden Fall die eigene Wählerstimme abzugeben
Melden sich 43 Jugendliche und junge erwachsene
Aus dem Popgeschäft zu Wort
"Vote: Ohne Stimme hört dich keiner!"
ist die Kampagne überschrieben
In Fernsehspots sowie Anzeigen
In Zeitungen und Zeitschriften sind die Popstars
Mit zugenähtem Mund zu sehen
Als abschreckendes Beispiel
Anstoß gegeben habe der erste Wahlgang
Der französischen Präsidentenwahl
Erklärt Tim Renner
Deutschlandchef eines Musikkonzerns
Nur 10 Prozent der Erstwähler
Hätten bei diesem ersten Wahlgang
von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht
und so dem rechtsradikalen Le Pen
in die Stichwahl verholfen
Dagegen gilt Renners Aufforderung
"Wählen ist so einfach wie ins Kino gehen,
Mit einer Kinokarte bekommst du zwei Stunden Unterhaltung.
Mit deinem Wahlzettel
Bekommst du die Entscheidungsgewalt
Über deine Zukunft
Stell dir vor, du bist der einzige im Kino
Die Vorstellung würde würde nicht stattfinden
Nur weil alle hingehen läuft der Film
Also ab ins Wahllokal!

Veröffentlicht von Publik-Forum Im Internet www.vote2002.de