WORTE vom 08.-14.09.2002

 

ausgewählt von Ambros Tremel, Ludwigshafen, Katholische Kirche

 

 

 

 

 

 

Sonntag, 8. September 2002

Suche

Ich habe Gott in den Büchern gesucht, durch das Wunder des Nichtredens von mir selbst, durch Tugenden heiß und kalt im dunklen Fenster, wo der Mond unschuldig scheint ...
Im Garten, wo einer Maulaffen feilhält... In der Kirche, wenn sie menschenleer war – und plötzlich kam Er unerwartet wie die Moosbeere nach dem ersten Frost. Das Herz in den Händen und sprach:
"Warum suchst du mich? Auf mich muss man bisweilen warten."

Karin Wolff

 

 

Montag, 9. September 2002

Die Welt

Gott hat sich verborgen, damit man die Welt sieht. Würde er sich zeigen, gäbe es nichts anderes als ihn – Wer würde es wagen, neben ihm eine Ameise zu bemerken. Die schöne böse Wespe, die sich emsig tummelt. Den grünen Erpel mit den gelben Beinen... Die Tanne, die keine Zapfen, sondern Schuppen abwirft. Die Steine, die dem Wanderer die Richtung weisen.
Die unsichtbare Liebe – Er verdeckt nichts.

Karin Wolff

 

 

Dienstag, 10. September 2002

Ehevorbereitungsprotokoll

Wollen Sie eine Ehe nach dem Willen Gottes und der Lehre der Kirche als volle Lebensgemeinschaft eingehen, in der Sie Einheit und Unauflöslichkeit sowie die Hinordnung auf das beiderseitige Wohl und auf Elternschaft bejahen?
Das werden Sie von der katholischen Kirche gefragt, wenn sie heiraten wollen.

 

 

Mittwoch, 11. September 2002

Krieg life

Krieg live. Irgendwo in der Welt. Bilder im Fernsehen. Machen mich mutlos. Stumpfen mich ab. Lähmen mich. Lassen mich resignieren. Will ich nicht. Muss darum reden. Schreien. Handeln. Öffentlich machen. Den Krieg anklagen und seine Ursachen. Immer wieder. Meine Ohnmacht aussprechen und meine Verzagtheit. Nur dann werde ich mich von den Bildern nicht lähmen lassen.

Hans Martin Große-Oetringhaus

 

 

Donnerstag, 12. September 2002

Ach

"Was für einen Namen gebt Ihr Gott, Ehrwürden." "Er hat keinen Namen" antwortete der Derwisch. "Gott kann man nicht in einen Namen pressen. Der Name ist ein Gefängnis, Gott ist frei." "Wenn Ihr ihn aber rufen wollt? Wenn es notwendig ist , wie ruft Ihr ihn?" "Ach!" antwortete er. "Ach! Werde ich ihn rufen." Ich erbebte. "Er hat recht", murmelte ich.

Hubertus Halbfas

 

 

Freitag, 13. September 2002

Man kann mit Gott nichts "machen"

Man kann Gott für die eigene Macht gebrauchen, indem an sagt alle Autorität komme von Gott. Man kann im Namen Gottes Kriege führen, Menschen verdammen und töten und sagen das sei Gottes Wille. Das alles aber ist gott-los. Man kann mit Gott nichts "machen", weder ihn gebrauchen noch ausnutzen, denn Gott ist Liebe, und daran hat nur Anteil, wer diese Liebe in sich selbst groß werden lässt.

Hubertus Halbfas

 

 

Samstag, 14. September 2002

Entwicklungshilfe

Nach einem langen Arbeitstag bei den Peulh, Viehzüchtern, die im Sahel leben und wirtschaften, bückt Jacques sich, pflückt einige Blumen und überreicht den Strauß einer Dame. Die Dame, eine Peulh, schaut ihn sehr erstaunt an: "Warum gibst Du mir Heu?"
Ja, so ist es des Öfteren mit der Entwicklungshilfe, man glaubt, Gutes zu tun und dann hat es für die Beteiligten einen ganz anderen Sinn.

Hildegard Schüring