|
WORTE
vom 09.-15. Juni 2002
ausgewählt von Roland Spur, Stuttgart
Evangelische Kirche
Sonntag, 9. Juni 2002
Die gefährdete Hochzeitsparty [Joh. 2, 1 – 12]
In Kana sind Jesus und die Jungs zu einer Hochzeit eingeladen. Maria
ist auch da. Auch sonst viele Leute. Gäste gibt es jedenfalls mehr als
Wein. In einer stillen Minute nimmt Maria ihren Sohn zur Seite und flüstert
ihm ins Ohr: »Jesus, die Leute haben keinen Wein mehr.« »Ruhig
bleiben«, flüstert er zurück, »lass mal.«
Da hat Maria schon so eine Ahnung, dass er sich der Sache annehmen wird
und gibt seinen Jüngern den Tipp, sich bereitzuhalten. Und tatsächlich
bittet er die bald danach, sechs Waschkrüge mit Wasser zu füllen.
Gleich sind die Krüge voll, und Jesus lässt sie dem ahnungslosen
Kellermeister hinstellen. Der schenkt aus, und die Gäste kriegen sich
nicht mehr ein vor Begeisterung über diesen Spitzenwein!
»Bist ein alter Knauser«, sagen sie zum Brautvater, »dass du erst
jetzt mit diesem erlesenen Tropfen rausrückst! Hast wohl gehofft, wir
gingen vorher, was?« Niemand bemerkt, dass Jesus und seine Mutter
einander zuzwinkern.
Die Frohe Botschaft abgestaubt und frisch gefasst, von Thommie Bayer
Montag, 10. Juni 2002
Ja, die Verwandtschaft [Matth. 8, 14 – 15]
In der Folge tut Jesus noch öfter mal was für die Haushaltsführung.
Einmal, als er bei Petrus eingeladen ist, sieht es auch aus wie bei
Hempels unterm Sofa, und Petrus, der Ordnung liebt, wenn er nicht gerade
selbst dafür sorgen muss, ist ganz verlegen und würde Jesus am
liebsten gar nicht ins Haus lassen.
Die Schwiegermutter, die ansonsten sehr ordentlich sei, wenn auch ein
rechter Drachen, was ihre politischen Überzeugungen betreffe – , ja
jedenfalls, die sei nämlich krank, und es herrsche echt eine Unordnung
wie Harry.
Aber Jesus beschwichtigt ihn und sagt: »Wenn's weiter nichts ist«,
wobei er die Tür öffnet und die darnieder liegende Schwiegermutter
heilt.
Gleich macht die sich an die Arbeit und serviert ein schmackhaftes Mahl,
und der Abend ist gerettet.
Die Frohe Botschaft abgestaubt und frisch gefasst, von Thommie Bayer
Dienstag, 11. Juni 2002
Besessene und Kranke [Matth. 8, 16 – 22]
Ja, jede Menge Besessene und Kranke heilt Jesus auch. Echt. Am
laufenden Meter. Es geht wie's Brezelbacken.
Tempo – Nein, nicht die Taschentücher, die gibt's ja damals noch gar
nicht. Es geht um die Geschwindigkeit. Die Geschwindigkeit der
Nachfolge, also wie schnell man ein Jünger werden kann.
Ein Schriftgelehrter spricht Jesus an und sagt, er wolle sich gern als Jünger
eintragen und gleich mitkommen, ob Jesus nicht noch eben drei Stunden
oder so warten könne, denn erst müsse er, der Schriftgelehrte,
noch seinen toten Papa begraben.
»Das geht nicht«, sagt Jesus. »Das ist jetzt nichts gegen dich, aber
Zeit ist kostbar, und wir müssen weiter. Es gibt viel zu tun. Lass doch
die Toten ihre Toten begraben.«
Der Schriftgelehrte kommt zwar gleich mit, aber ein schlechtes Gewissen
hat er schon.
Doch einer der Jünger schreibt auch diesen Spruch von Jesus mit, denn
unbestritten klingt er gut. »Lass doch die Toten ihre Toten begraben.«
Die Frohe Botschaft abgestaubt und frisch gefasst, von Thommie Bayer
Mittwoch, 12. Juni 2002
Noch ein Jünger [Matthäus 9, 9 – 13]
Am Stadtrand spricht Jesus einen Zöllner an. Das ist zu dieser Zeit
eine soziale Leistung, denn Zöllner sind nicht gerade beliebt. »Komm
mit«, sagt Jesus zu dem Mann, »du fehlst mir noch in meiner Sammlung.«
Beim Abendessen nachher sitzt da plötzlich eine ganze Clique Zöllner
herum. Sie sind einfach so hintereinander reingeschneit, haben »N'abend«
gesagt und sich an den Tisch gesetzt. Als wenn das hier der angesagte Sündertreff
wäre! Und jetzt lümmelt die Bande um den Tisch, reibt sich die Hände
und fragt: »Was gibt's denn Gutes?«
Das geht den Jüngern dann aber doch zu weit, und sie gehen beleidigt
vor die Tür. Dort hängen einige Pharisäer rum. Sie fragen die Jünger,
was denn in ihren Meister gefahren sei, dass er mit Zöllnern und Sündern
zusammen nachtmahle. »Kapieren wir auch nicht!«, sagen die.
Jesus hört das natürlich, denn die Wände sind dünn, und außerdem
hat einer der indignierten Jünger demonstrativ die Tür aufgelassen. »Die
Gesunden brauchen keinen Arzt«, ruft Jesus nach draußen. »Die Kranken
brauchen einen. Außerdem, ich bin barmherzig. Und wenn sich das noch
nicht bis zu euch rumgesprochen hat, dann ist euch auch nicht mehr zu
helfen. Ich bin jedenfalls hier, um die Sünder zu rufen, nicht die
Gerechten!«
Die Frohe Botschaft abgestaubt und frisch gefasst, von Thommie Bayer
Donnerstag, 13. Juni 2002
Ein Militär – eins [Matth. 8, 5 – 10]
Jesus ist gerade unterwegs, als ihm an der Stadtmauer von Kapernaum
ein Römerhauptmann entgegentritt und höflich bittet, seinen, des
Hauptmannes, Diener doch gesund zu machen. Die Arbeit im Haus bleibe
liegen, man komme seinen militärischen Pflichten nicht mehr in genügender
Weise nach, vor lauter abben Knöpfen, bemoosten Suppentellern und
Schuppen auf der Uniform werde man noch ganz kirre.
»Wo wohnst du?« fragt Jesus. Aber der Hauptmann findet, das müsse ein
Crack wie er, Jesus, doch auch telekinetisch hinkriegen. Die Wohnung
sehe echt dermaßen aus, dass es ihm, dem Hauptmann, nachgerade peinlich
sei, einen so angesehenen Gast, den er darüber hinaus sogar noch um
einen Gefallen bitte, zu empfangen.
Er selber als Hauptmann habe mit Befehlen – und so 'ne telekinetische
Sache sei doch auch eine Art Befehl – also mit Befehlen habe er bisher
eigentlich nur gute Erfahrungen gemacht! Man sage etwas, und es werde
ausgeführt. Falls Jesus es noch nicht probiert habe, solle er‘s ruhig
mal versuchen, ‘s sei echt toll. Könne er nur empfehlen.
»Hört Euch den an, Leute«, sagt Jesus zu den Umstehenden, »so was
von Glauben ist mir auch noch nicht untergekommen. Der Herr hier ist der
Überzeugung, dass ich sogar telekinetisch heilen kann! Nehmt euch mal
ruhig ein Beispiel an dem.«
Die Frohe Botschaft abgestaubt und frisch gefasst, von Thommie Bayer
Freitag, 14. Juni 2002
Ein Militär – zwei [Matth. 8,10 – 13]
»Hört euch den an, Leute«, sagt Jesus zu den Neugierigen, Fans und
Schaulustigen um ihn, »so was von Glauben ist mir auch noch nicht
untergekommen. Dieser römische Herr Hauptmann hier ist der Überzeugung,
dass ich sogar telekinetisch heilen kann. Nehmt euch mal ruhig ein
Beispiel an dem.«
»Was ist das, telekinetisch?« fragt einer der Anhänger.
»Das ist«, sagt Jesus geduldig und freundlich, »so eine Art von
Seelentelex oder Gehirntelefon, aber mit echten Auswirkungen. Also nicht
bloß eingebildet oder so. Ich mach‘ das jetzt mal, dann seht ihr ja,
wie es geht.«
»Au ja!«, rufen sie begeistert, aber dann ist natürlich nichts zu
sehen. Denn Telekinese ist, zumindest auf größere Distanzen, nicht
gerade eine optisch attraktive Sache. Immerhin klappt es.
Und der Diener des Hauptmannes ist gesund, als der Hauptmann nach Hause
kommt. Ja, es ist sogar schon der Abfluss entstopft. Die Mäuse sind in
ungeordnetem Rückzug begriffen. Und die Zweitstiefel des Hauptmannes glänzen
schon fast wieder wie neu.
»Is‘ ja ‘n dolles Ding«, sagt der Hauptmann begeistert. »Schneidiger
junger Mann, der. Könnte so einen noch in der Truppe gebrauchen. Zack,
und schon ist der Bursche wieder auf den Beinen! Dolles Ding, das!«
Die Frohe Botschaft abgestaubt und frisch gefasst, von Thommie Bayer
Datum: Samstag, 15. Juni 2002
Zukunftsaussichten [Matth. 16,21-23]
Seit einiger Zeit sind die Jünger nun schon wieder beim Tross, und
auch wenn sie manchmal stöhnen, ist man doch inzwischen ein ganz schön
zusammengeschweißter Haufen geworden. Wie Pech und Schwefel halten sie
zusammen, und auf Jesus lassen sie eh nichts kommen.
In der letzten Zeit wird der manchmal so traurig, dass es ihnen fast das
Herz zerreißt. Er müsse nach Jerusalem gehen, sagt er, und dort werde
er vieles erleiden. Töten werde man ihn schließlich, aber er werde
auferstehen, und zwar am dritten Tag.
»Das soll Gott verhüten«, sagt Petrus, »wozu hast du einen
einflussreichen Vater, wenn der nicht mal deinen Tod verhindern kann?«
»Weg mit dir, Satan!« schreit Jesus, »bring' mich bloß nicht
durcheinander. Der Chef weiß, was er tut. Da haben die Menschen nicht
reinzuquatschen. Merk dir das.«
Petrus ist nicht böse, dass Jesus ihn anfährt. Er ist traurig.
Traurig, dass dieser Mann sterben soll und nicht mal auf seinen Vater
hoffen kann. Ganz leise, so leise, dass Jesus es auf keinen Fall
gedankenlesemäßig erfassen kann, denkt er, so einen Vater braucht man
grad noch, der einen im Stich lässt, wenn's ernst wird. Nee, nee.
Die Frohe Botschaft abgestaubt und frisch gefasst, von Thommie Bayer
|