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WORTE
vom 12.-18.05.2002
ausgewählt von Helmut
Siebert, Evangelische Kirche
Sonntag, 12. Mai 2002
Herz
Gott hat die Frau nicht aus des Mannes Kopf geschaffen, damit er ihr
nicht befehle. Und Gott hat die Frau nicht aus des Mannes Füßen
geschaffen, damit sie nicht seine Sklavin sei. Sondern Gott hat die Frau
aus des Mannes Brust geschaffen, damit sie seinem Herzen nahe ist.
(aus dem jüdischen Talmud)
Montag, 13. Mai 2002
Harmonie
Sie sitzen zu zweit vor dem Fernseher. Jeden Tag durchschnittlich
viereinhalb Stunden. Sie sehen sich nicht an. Aber ihre Hände berühren
sich ab und zu in einer Schale mit Nüssen.
(nach Sigrid Kruse)
Dienstag, 14. Mai 2002
Hochzeit
Vor einer Hochzeit soll man überlegen: Glaubst du, dich mit diesem
Menschen bis ins Alter hinein gut unterhalten zu können? Denn alles
andere in einer Ehe geht vorüber, aber die meiste Zeit bleibt für
Gespräche.
(nach Friedrich Nietzsche)
Mittwoch, 15. Mai 2002
Hass
Du lächelst, und ich lächele. So sind wir beide glücklich. Aber
tief drunten im Innern ist Hass zwischen uns. Lass uns nicht zeigen,
was wir innen fühlen. Lass uns weiter lächeln, bis wir unseren Hass
hinweggelächelt haben.
(Indianische Weisheit)
Donnerstag, 16. Mai 2002
Gehorsam
Eine Kaulquappe hat einen Fisch geheiratet. Als ihr Beine wachsen
und sie ein Frosch zu werden beginnt, sagt sie eines Morgens zu dem
Fisch: "Mein Schatz, ich werde jetzt bald an Land gehen; es wird
angebracht sein, dass auch du dich daran gewöhnst, auf dem Land zu
leben." "Aber um Himmels willen!" rief der Fisch empört,
"bedenke doch, Liebling: meine Flossen, meine Kiemen!" Die
Kaulquappe sieht seufzend zur Decke empor: "Liebst du mich, oder
liebst du mich nicht?" – "Ei", haucht der Fisch,
"aber ja doch." "Na also", sagt die Kaulquappe.
(nach Wolfdietrich Schnurre)
Freitag, 17. Mai 2002
Freundschaft
Auf die Frage, warum die Zeit im Konzentrationslager ihn nicht
verbittert habe, antwortet ein Überlebender: "In Auschwitz habe
ich etwas über die Freundschaft gelernt. Als ich fror, schützten
mich Fremde mit ihren Körpern gegen die Kälte. Denn sie hatten
nichts anzubieten als sich selbst."
(Yaffa Eliach)
Samstag, 18. Mai 2002
Hingabe
Lieben heißt nicht unbedingt "lieben". Sondern lieben
heißt vor allem "sich lieben lassen". Lieben heißt,
freiwillig das Eigentum eines anderen werden; heißt, mehr oder
weniger auf sich selbst verzichten. Und das nicht aus Lust, sich zu
unterwerfen, nicht aus Masochismus; sondern weil der andere ohne mich
sterben würde.
(nach Eugene Ionesco)
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