WORTE vom 28.04.-04.05.2002

 

ausgewählt von Ilka Sobottke, Evangelische Kirche

 

 

 

 

Sonntag, 28. April 2002

Wenn du planst und baust und alle deine Kraft in dein Leben packst, Gott aber keine Rolle spielt, dann arbeitest du umsonst.
Gott muss dein Leben beschützen, sonst ist alle Wachsamkeit umsonst. Es gibt unendlich viele Dinge auf der Erde, zu denen wir keinen Schlüssel haben. Nur Gott allein kennt alle Geheimnisse so viel wir auch forschen und planen.
Was können wir ohne Gott erreichen? Wir stehen morgens früh auf und arbeiten bis in die Nacht. Mit Mühe und Schweiß bringen wir zusammen, was wir zum Leben brauchen.
Den Seinen aber gibt's der Herr und wenn du Glück hast sogar im Schlaf.

Psalm 21 nach Hanns Dieter Hüsch

 

 

Montag, 29. April 2002

Arbeit

Drei Bauarbeiter waren dabei Steine zu behauen als eine Journalistin dem ersten Arbeiter das Mikro hinhielt.
Was tun Sie da? Sehen Sie das denn nicht? Meinte der, ohne aufzusehen. Ich behaue Steine.
Und Sie was machen Sie?, wollte die Journalistin vom Zweiten wissen. Ich muss Geld verdienen, meine Familie ist groß.
Die Umfrage ging weiter. Und was tun Sie da? Der blickte erst an ihr hoch, dann machte er eine Kopfbewegung und grinste. Wissense – Ich baue an einem Dom.

nach Manfred Frigger

 

 

Dienstag, 30. April 2002

Für die Arbeit ist der Mensch auf der Welt. Für die ernste Arbeit, die wo den ganzen Mann ausfüllt, ob sie einen Sinn hat, ob sie schadet oder nützt. Ob sie Vergnügen macht, das ist alles ganz gleich.
Es muss eine Arbeit sein und man muss morgens hingehen können, sonst hat das Leben keinen Zweck.
Eine der schauerlichsten Folgen der Arbeitslosigkeit ist wohl die, dass Arbeit als Gnade vergeben wird-
Es ist wie im Krieg. Wer die Butter hat, wird frech

Kurt Tucholsky, 1929

 

 

Mittwoch, 01. Mai 2002

Ich träume von einem Stromausfall. Es wird Abend. Dunkelheit legt sich über die Stadt. Alle Fernseher bleiben aus, alle Radios. Das Internet schweigt. Und bald ist der letzte Handy-Akku entladen.
Was passiert? Kerzen brennen – und nach dem ersten Schrecken wird es für manche ein bisschen langweilig. Einige mögen ein Kind zeugen. Die meisten aber wissen nicht so recht, was sie tun sollen.
Sie ahnen nicht, dass Langeweile ein Luxus sein kann. In einer Welt, in der wir es gewohnt sind, ständig etwas zu planen, zu ersehnen oder zu kaufen.
Wir gehen raus auf die Straße, treffen andere und reden, statt zu telefonieren und zu vereinbaren, wann wir das nächste Mal telefonieren.
Vielleicht fürchten wir das Dunkel der Nacht.
Irgendwann gehen die Lichter wieder an...

Frederic Beigbeder

 

 

Donnerstag, 02. Mai 2002

Arbeit lässt sich schlecht vermeiden und sie ist der Mühe Preis. Jeder muss sich mal entscheiden. Arbeit zeugt noch nicht von Fleiß.
Arbeit muss es quasi geben, denn der Mensch besteht aus Bauch. Arbeit ist das halbe Leben und die andre Hälfte auch.
Seht euch vor bevor ihr schuftet, zieht euch keinen Splitter ein. Wer behauptet, dass Schweiß duftet, ist ganz objektiv ein Schwein.
Zählt die Arbeit zu den Strafen, wer nichts braucht, braucht nichts zu tun. Legt euch mit den Hühnern schlafen, wenn es geht pro Mann ein Huhn-
Manche gebe keine Ruhe und sie schuften voller Wut. Doch ihr Tun ist nur Getue und es kleidet sie nicht gut.
Wozu macht ihr Karriere, ist die Erde denn kein Stern? Tut als ob stets Sonntag wäre, denn es ist der Tag des Herrn.
Vieles tun heißt vieles leiden. Lebt so gut es geht von Luft. Arbeit lässt sich schlecht vermeiden. Doch wer schuftet ist ein Schuft

Erich Kästner

 

 

Freitag, 03. Mai 2002

Shabbat. Mama verlässt als letzte den Laden. Sie sieht nach ob alles gut geschlossen ist.
Jetzt kommt sie auf ihren weichen Schuhen ins Esszimmer. Einen Augenblick bleibt sie auf der Schwelle stehen, wie geblendet von dem weißen Tischtuch und den silbernen Leuchtern.
Mama zündet die beiden mit einem Streichholz an.
Langsam. Schließen sich ihre Hände zum Kreis um jede Flamme als umschlinge sie ihr eigenes Herz.
Mit den Kerzen schmelzen die Sorgen der Woche dahin.
Mama bedeckt ihr Gesicht mit den Händen und segnet die Lichter.
Ich höre Mama den einen und den anderen Namen in ihrem Gebet erwähnen.
Nun ist auch mein Name in die Flamme der Kerze gefallen. Mir wird ganz heiß. Der Allvater möge sie alle segnen.
Amen sage ich mit erstickter Stimme. Jetzt endlich lässt Mama die Hände sinken. Ihr Gesicht ist wie geläutert als hätte es die Helle der Sabbatlichter in sich aufgenommen.

Bella Chagall

 

 

Samstag, 04. Mai 2002

Aus den dreizehneinhalb Leben des Käpt‘n Blaubär

Ich habe nie rausgekriegt, woher Mac wusste, dass jemand in Gefahr war.
Es war wohl ein Instinkt. Wir flogen meistens ziellos durch die Gegend bis Mac plötzlich leicht den Kopf hob und mit dem Flügelschlag aussetzte. Es gibt Arbeit sagte er dann und änderte den Kurs-
Wenn wir im Zielgebiet angelangt waren, erledigte ich die Feinarbeit. Ich lotste Mac auf den Millimeter genau ... zu unserer Kundschaft.
Wir retteten Entdeckungsreisende aus den Fängen von Walddämonen, bevor sie verspeist wurden.
Wir holten Seeleute gekenterter Schiffe von Eisschollen und aus haiverseuchten Gewässern.
Wir retteten verirrte Kinder aus dunklen Urwäldern, bevor Mooskobolde sie in den Wahnsinn treiben konnten.
Wenn wir eine Aktion beendet hatten, brachten wir gewöhnlich die Geretteten in Sicherheit und flogen schnell wieder weg. Dankbarkeit fand Mac unerträglich.
Die Geretteten wollten uns gewöhnlich einladen, feiern, mit Geschenken überhäufen, in die Familie aufnehmen heiraten usw.
Ich hätte nichts dagegen gehabt mich ein bisschen feiern zu lassen.
Aber Mac sagte nur: Schon gut. Das ist mein Beruf. Seien sie lieber demnächst etwas vorsichtiger.
Dann rauschten wir davon.

Walter Moers