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WORTE
vom 17.-23.06.2001
ausgewählt von Altfried
Rempe, Katholische Kirche
Sonntag, 17. Juni 2001
Hüsch: Segen
Im übrigen meine ich, dass Gott uns das Geleit geben möge immerdar
auf unserem langen Weg zu unserer Menschwerdung.
Und Gott möge uns die vielen Streitigkeiten von morgens bis abends
verzeihen.
Das Hin- und Herlaufen zwischen den vielen Fronten, und all die Vorwürfe,
die wir uns gegenseitig machen, möge er in herzhaftes Gelächter
verwandeln und unsere Bosheiten in viele kleine Witze auflösen.
Gott möge in unsere Stuben kommen und unsere Habseligkeiten segnen,
unsere Tassen und Teller, die Kanne, die Zuckerdose und den Salzstreuer,
die Essigflasche und den Brotkorb.
Ja, Gott möge sich zu uns an den Tisch setzen und erkennen, wie sehr
wir ihn alle brauchen, überall auf der ganzen Welt.
Hanns Dieter Hüsch, Segen in: Das Schwere leicht gesagt, Düsseldorf
1997
Montag, 18. Juni 2001
S o r g e n
Das siebenjährige Mädchen spielt munter mit einem schönen Ball.
Der Vater folgt ihr aufmerksam mit den Blicken und sagt plötzlich mit
einem leichten Seufzen: "Seliges Alter! Wie glücklich bist du,
mein Kind!"
Die Kleine schnellt stolz empor, lä sst
ihr Spielzeug liegen und ruft: "Das ist nicht wahr. Ich habe eine
ganze Menge Sorgen!"
"Sorgen?", unterbricht sie der Vater und lacht über die
seltsame Antwort, "was für Sorgen?"
"Das weiß ich nicht mehr. Ich habe sie vergessen. Aber es ist
trotzdem wahr, dass ich Sorgen habe."
nach Lauretta Reusi-Petrucci: Sorgen
Dienstag, 19. Juni 2001
Ganz ganz traurig
Evelein war ein sehr braves Kind mit gesticktem Schürzchen, einer
großen Haarschleife und einem Monopoly-Spiel auf französisch.
Wenn Evelein unter schlechten Einfluss geriet und sich schmutzig
machte oder ein böses Wort sagte, wurde ihre liebe Mutti nicht böse,
sondern ganz, ganz traurig.
Selbst die Hartgesottensten unter uns, die für ähnliche Delikte mit
Ohrfeigen rechnen mussten, fanden das ziemlich schwer zu ertragen.
Da war man froh, es mit Eltern zu tun zu haben, die kein bisschen in
Tränen versanken, sondern ganz munter reagierten – wenn auch nicht
immer angenehm.
Die ganz, ganz traurige Mutti – die war entschieden ein Alptraum.
Heilwig van der Mehden, Eveleins Mutti (gefunden in: Zusammmen
wachsen, Neukirchen-Vluyn 1999)
Mittwoch, 20. Juni 2001
Du bist doch da gewesen!
Als die Tochter drei Jahre alt
war, kletterte sie während eines Urlaubs auf eine hohe Balustrade.
Oben angelangt, verließ sie plötzlich der Mut, sie traute sich nicht
herunter, weinte und schrie und jammerte.
Da stellte sich die Frau unter die Balustrade, breitete beide Arme aus
und rief: Spring nur, ich fange dich auf! Die Kleine holte tief Luft
und sprang.
Die Mutter konnte sie auffangen, hielt sie fest, presste sie an sich,
zitterte.
Die Kleine, ganz ruhig nun, beinahe ein wenig trotzig, machte sich
frei aus der Umarmung und sagte: Du bist doch da gewesen, Mama!
Anneliese Probst (in: Wege entdecken, Neukirchen-Vluyn 19985)
Donnerstag, 21. Juni 2001
S c h i k a n e
Sitz gerade. Sitz ich ja.
Du sollst nicht dauernd widersprechen. Ich widersprech ja auch
nicht dauernd.
Da bitte: schon wieder. Ich widersprech bloß, wenn ich schikaniert
wird.
Du wirst doch nicht schikaniert! Wieso widersprichst’n du mir
jetzt?
Ich widersprech dir? Ich? Ja.
Du widersprichst mir! Bloß wenn ich schikaniert werd.
Wieso schikanier ich dich, wenn ich dir widerspreche? Ich denk, du
widersprichst mir nicht?
Aber du zwingst einen dazu! Ja; weil du einen dazu zwingst.
Wolfdietrich Schnurre, Ich frag ja bloß (München 1973)
Freitag, 22. Juni 2001
Jesus und Kinder
Die Menschen brachten ihm Kinder, damit er sie berühren sollte und
sie segnete.
Doch die Jünger bei ihm schimpften mit den Leuten: Fort mit den
Kindern! Geht alle nach Haus!
Jesus aber sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir und haltet sie
nicht zurück! Gottes Königreich ist ein Land, das Menschen gehört,
die wie die Kinder sind.
Ich sage euch – und das ist wahr: wer Gottes Zukunft nicht annimmt,
als sei er ein Kind, wird es niemals erreichen.
Die Bibel im Lukasevangelium – auch ein Beitrag gegen das
Kinderarme Deutschland (Lk 15,18 – Übersetzung: Walter Jens)
Samstag, 23. Juni 2001
Jesus – ein Kind
Er fragte seine Freunde: »Worüber habt ihr euch unterwegs
gestritten?«
Sie schwiegen, denn sie hatten sich gestritten, wer von ihnen wohl
der Größte wäre.
Da setzte Jesus sich hin, rief alle Zwölf zu sich und sagte zu
ihnen: »Wer der Erste sein will, der muss der Letzte von allen
werden und allen anderen dienen!«
Und er winkte ein Kind heran, stellte es in ihre Mitte, nahm es in
seine Arme und sagte zu ihnen: »Wer in meinem Namen solch ein Kind
aufnimmt, nimmt mich auf. Und wer mich aufnimmt, nimmt nicht nur
mich auf, sondern gleichzeitig Gott, der mich gesandt hat.«
Die Bibel im Markusevangelium – auch ein Beitrag zum Thema
Kinderarmes Deutschland (Markus 9,33-37)
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