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WORTE
vom 15.-21.04.2001
ausgewählt von Roland
Spur, Evangelische Kirche
Ostersonntag, 15. April 2001
Zukunftsmusik
»Wenn es so etwas wie eine Zukunftsmusik gibt, dann war sie damals,
dann ist sie am Ostermorgen an der Zeit: Zur Begrüßung des neuen
Menschen, über den der Tod nicht mehr herrscht.
Das müsste freilich eine Musik sein – nicht nur für Flöten und
Geigen, nicht nur für Trompeten, Orgel und Kontrabass, sondern für die
ganze Schöpfung geschrieben, für jede seufzende Kreatur, so dass alle
Welt einstimmen und Groß und Klein, und sei es unter Tränen, wirklich
jauchzen kann, ja so, dass selbst die stummen Dinge und die groben Klötze
mitsummen und mitbrummen müssen: Ein neuer Mensch ist da, geheimnisvoll
und allen weit voraus, aber doch eben da.«
Ein Text des Tübinger Theologen Eberhard Jüngel
Montag, 16. April 2001
Auferstehung
Sie zählten dich unter die Missetäter
sie beschlossen deinen Tod
sie gruben dich ein
Doch es ging auf die gefährliche Saat
das unzerstörbare Leben
das brachte den Stein ins Rollen
Sie wollten dich unter die Erde bringen
Aber sie brachten dich unter die Leute
Lothar Zenetti
Dienstag, 17. April 2001
Es kommt eine ganz andere Auferstehung
das könnte manchen herren so passen
wenn mit dem tode alles beglichen
die herrschaft der herren
die knechtschaft der knechte
bestätigt wäre für immer
das könnte manchen herren so passen
wenn sie in ewigkeit
herren blieben im teuren privatgrab
und ihre knechte
knechte in billigen reihengräbern
aber es kommt eine auferstehung
die ganz anders wird als wir dachten
es kommt eine auferstehung die ist
der aufstand gottes gegen die herren
und gegen den herrn aller herren: den tod
Kurt Marti, »Leichenreden«. Neuwied und Berlin 1969 / Luchterhand
Mittwoch, 18. April 2001
Der Name
vielleicht
dass heisenberg
wirklich die weltformel fand
das wird sich noch weisen
aber wann aber wann
wird die heiligung
jenes namens erscheinen
der mehr ist
als welten und formeln?
vielleicht
dass die herren der erde
wirklich nicht nur
das unrecht erstreben
das wird sich noch weisen
aber wann aber wann
wird die heiligung
jenes namens erscheinen
der die erde verwandelt
in eine sonne des rechts?
vielleicht
dass die christen
wirklich das licht sind der welt
das wird sich noch weisen
aber wann aber wann
wird die heiligung
jenes namens
erscheinen der Finsternis sprengt
mit explosionen des lichts?
KURT MARTI: » Der Name«
Donnerstag, 19. April 2001
Der sympathische Milliardär
Ein amerikanischer Milliardär – meine Geschichten spielen alle in
vornehmer Gesellschaft – ein amerikanischer Milliardär wurde einst von
einem Freunde gefragt: «Wie machen Sie das, Mr. Moneymaker: auf jedem
Ihrer Empfänge werden Ihnen Hunderte von Leuten vorgestellt, Menschen,
die Sie nie vorher gesehen haben. Alle aber unterhalten sich mit Ihnen auf
das trefflichste. Wie machen Sie das nur?» –
«Ich habe mir eine Methode ausgedacht», sagte der Milliardär. «Ich
frage jeden Menschen, der mir vorgestellt wird: Was macht Ihr Leiden –
?»
Kurt Tucholsky, Schnipsel, in: Gesammelte Werke, 1932, Bd. 10.
Freitag, 20. April 2001
Fische
Ein Fisch biss in den Angelhaken. »Was flatterst du so hektisch
herum?« fragten ihn die anderen Fische. »Ich flattere nicht hektisch
herum,« sagte der Fisch an der Angel, »ich bin Astronaut und trainiere
für die Schleuderkammer.« »Wer’s glaubt, wird selig,« sagten die
anderen Fische, und sahen zu, wie es weitergehen sollte. Der Fisch an der
Angel erhob sich und flog in großem Bogen aus dem Wasser. Die Fische
sagten: »Er hat unsere Sphäre verlassen und ist in den Raum hinaus
gestoßen. Mal hören, was er erzählt, wenn er zurückkommt.« Der Fisch
kam nicht wieder. Die Fische sagten: »Stimmt also, was die Ahnen uns
überliefert haben, dass es da oben schöner als hier unten.« Ein
Astronaut nach dem anderen begab sich zum Training in die Schleuderkammer
und flog in den Raum hinaus. Die Astronauten standen in Reih’ und Glied
und warteten, bis sie drankamen.
Am Ufer saß ein einsamer Angler und weinte. Einer der Astronauten sprach
ihn an und fragte: »O großer Fisch, was weinst du? Hast auch du gedacht,
dass es hier oben schöner ist?« »Darum weine ich nicht,« sagte er
Angler. »Ich weine, weil ich niemandem erzählen kann, was hier und heute
geschieht. Achtundfünfzig in einer Stunde und kein Zeuge weit und
breit!«
Christa Reinig: Fische. Aus: Orion trat aus dem Haus. Neue Sternbilder.
Stierstadt im Taunus 1968, Eremiten-Presse. Seite 39
Samstag, 21. April 2001
Auferstehung zum Leben
Christ sein heißt nicht, in einer bestimmten Weise religiös sein, auf
Grund irgendeiner Methodik etwas aus sich zu machen, einen Sünder,
Büßer oder Heiligen, sondern es heißt Mensch sein.
Den Menschen schafft Christus in uns. Jesus ruft nicht zu einer neuen
Religion, sondern zum Leben.
Dietrich Bonhoeffer, Werke 8, hrsg. von Carsten Nicolaisen und
Ernst-Albert Scharffenorth. 1997, Zitiert nach Kaiser Taschenbuch 100,
Seite 192-193, Christian Kaiser/Gütersloher Verlagshaus. Biblischer
Textbezug 2. Korinther 5,17: »Ist jemand in Christus, so ist er eine neue
Kreatur. Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.«
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