Worte der Woche

 

 

ausgewählt von Ambros Tremel, Katholische Kirche

 

 

 

 

 

Das Wort der Woche

 

Montag, 26.02.2001

Der Fall

Der Medizinprofessor trägt seinen Studenten einen Fall vor. Es geht um die Frage: Abtreibung ja oder nein? Ein tuberkulöses und syphilitisches Ehepaar hat bereits vier Kinder. Sie sind entweder früh verstorben oder schwer behindert. Jetzt wird das fünfte erwartet.
"Würden Sie", fragt der Professor, "diesem Ehepaar zu einer Abtreibung raten und sie auch selbst vornehmen?"
Die Mehrzahl der Studenten ist dazu sofort bereit.
"Meine Damen und Herren", sagt der Professor, "soeben haben Sie Beethoven umgebracht.

Willi Hofsümmer, Der Fall

 

 

 

weitere Worte der Woche

 

Sonntag, 25.2.2001

Parabel für Erzieher

Ein Schaf auf der Weide entdeckte ein Loch im Zaun und zwängte sich durch. Es freute sich über die Freiheit und lief weg. Weit, weit weg lief es, bis es sich verlaufen hatte.
Bald merkte das Schaf, dass es von einem Wolf verfolgt wurde. Es lief und lief, aber der Wolf blieb hinter ihm. Bis der Hirte kam und das Schaf rettete. Er trug es behutsam zurück zur Herde.
Und obwohl jeder ihn drängte, weigerte er sich, das Loch im Zaun zuzunageln.

Willi Hofsümmer, Parabel für Erzieher

 

 

Dienstag, 27.02.2001

Der Mandarin

Ein Fürst in China – ein Mandarin – gibt ein großes Fest. Es beginnt zu regnen. Vor der Toreinfahrt bildet sich eine große Pfütze. Ein Wagen hält direkt neben der Pfütze. Ein vornehm gekleideter Herr steigt aus, bleibt am Trittbrett hängen und fällt der Länge nach in die Pfütze. Mühsam erhebt er sich wieder. Er ist von oben bis unten beschmutzt und sehr traurig. Denn so kann er sich auf dem Fest ja nicht mehr sehen lassen. Ein paar andere Gäste machen spöttische Bemerkungen.
Da lässt sich der Mandarin mit seinen schönen Gewändern in dieselbe Pfütze fallen, so dass auch er von oben bis unten voller Dreck ist. Er nimmt den Gast an der Hand und zieht ihn an sich. Sie gehen beide, beschmutzt wie sie sind in den festlich geschmückten Saal. Keiner wagte es, etwas über den schmutzigen Gast zu sagen.

Ralf Johnen, Der Mandarin

 

 

Mittwoch, 28.02.2001

Nur bei Anwendung

Ein portugiesischer Seifenfabrikant sagte zu einem Priester: "Das Christentum hat nichts erreicht. Obwohl es schon bald zweitausend Jahre gepredigt wird, ist die Welt nicht besser geworden. Es gibt immer noch Böses und böse Menschen."
Der Priester wies auf ein ungewöhnlich schmutziges Kind, das am Straßenrand im Dreck spielte, und bemerkte: "Seife hat nichts erreicht. Es gibt immer noch Schmutz und schmutzige Menschen in der Welt."
"Seife", entgegnete der Fabrikant, "nutzt nur wenn sie angewendet wird."
Der Priester antwortete: "Das Christentum auch."

Gispert Kranz "Nur bei Anwendung"

 

 

Donnerstag, 01.03.2001

Willi Hoffsümmer "Der Rechenfehler"

Kardinal Faulhaber kam bei einem Festessen neben Professor Einstein zu sitzen. Einstein meinte: "Eminenz, was würden Sie sagen, wenn wir Mathematiker Ihnen rechnerisch einwandfrei beweisen würden, dass es keinen Gott gibt?"
Darauf der große Kardinal: "Ich würde in Geduld warten, bis Sie Ihren Rechenfehler gefunden haben."

Willi Hoffsümmer "Der Rechenfehler"

 

 

Freitag, 02.03.2001

Verborgene Kraft

Die Legende erzählt, dass der König einst den alten und gelehrten Mönch Paulinus in seiner Zelle besuchte, um sich bei ihm Rat zu holen. Staunend stand der König vor der Fülle dicker Bücher und Folianten. "Ich beneide Dich Paulinus" sagte er, "dass es dir vergönnt ist, die göttliche Weisheit in all diesen gelehrten Werken einzufangen."
"Du irrst", entgegnete der Mönch, und der führte den König in den Stall, wo der Bruder Stallmeister seine Arbeit für ein kurzes Gebet unterbrochen hatte.
"Aus diesen gefalteten Händen", sagte Paulinus, "strömt Gottes Kraft in unsere Welt, - nicht aus meinen Büchern."

Willi Hoffsümmer "Verborgene Kraft"

 

 

Samstag, 03.03.2001

Etwas früher

Der Gefängnisdirektor fragte den Mörder, der am nächsten Morgen am Galgen sterben sollte: "Was wünschen Sie zum Abendbrot? Sie dürfen essen und trinken, was und wie viel sie wollen!"
"Schade", sagte der Verurteilte, "wenn Sie mich das drei Monate früher gefragt hätten, wäre der Raubmord nicht passiert."

Willi Hoffsümmer "Etwas früher"

 

 

 

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