|
GEDANKEN der WOCHE
ausgewählt von Ambros
Tremel, Katholische Kirche
Der Gedanke der Woche
Mittwoch, 25. April 2001
Brief aus dem Süden
"Mein Name ist Felix Antonio Rosales." So beginnt der
Brief, der per Luftpost gekommen ist.
"Ich bin 35 Jahre alt und komme aus Filas Verdes in Nicaragua.
Ich bin verheiratet mit Ana Isabel und wir haben vier Kinder. Auf
meinem Land von ungefähr 11 Hektar pflanze ich Lebensmittel an. Das
ist nicht immer einfach. Meine Hauptarbeit besteht im Anbau von
Kaffee. Genau wie die anderen Mitglieder meiner Kooperative versuche
ich so, ein wenig Geld zu erwirtschaften, um die Dinge kaufen zu
können, die wir zum Leben brauchen, oder um meine Kinder in die
Schule schicken zu können.
Der Kaffeepreis schwankt seit einigen Jahren sehr stark. Das macht uns
hier in Nicaragua große Probleme, weil wir nie genau wissen, wie viel
Geld wir für unsere Arbeit bekommen werden. Weil der Erlös aus dem
Kaffeeanbau immer geringer wurde, haben in den letzten Jahren viele
Familien ihr Land verloren und sich verschuldet.
Die Politik beachtet unsere Probleme kaum. Ob die Preise steigen oder
fallen interessiert sie nicht. Die Spekulanten machen gro0e Gewinne,
aber wir kleinen Kaffeebauern können kaum noch von unserem Kaffee
leben."
Wir brauchen ihre Hilfe "als Verbraucher, im Welthandel faire
Regeln durchzusetzen."
Dieser Brief geht nicht nur an mich. Beim europäischen Weltladentag -
dem Aktionstag der Eine-Welt-Läden - wird der Brief an ganz viele
Kaffeetrinker verteilt. Mit einer Postkartenaktion kann jeder Felix
Antonio Rosales unterstützen. Denn die Menschen im Süden brauchen
nicht unsere Almosen, sondern faire Bedingungen zum Leben.
weitere Gedanken der Woche
Sonntag, 22. April 2001
Erstkommunion
Erstkommunion. Die Drittklässler feiern sie heute in vielen
katholischen Kirchen. Die Mädchen im weißen Kleid, die Jungs mit
Anzug und Fliege. In manchen Gemeinden auch einheitlich in weißen
Gewändern. Denn der Pomp ist nicht das wichtigste.
Der heutige Tag gehört Jesus. Der, den wir Gottes Sohn nennen. Der
- in Bethlehem geboren und in Nazareth aufgewachsen - als
Wanderprediger durch Galiläa zog.
Blinde hat er geheilt. Lahme hat er aufgerichtet. Für den
Steuereintreiber Zachäus hatte er genauso viel Verständnis wie
für die Ehebrecherin Maria Magdalena. Vor Aussätzigen hatte er
keine Angst. Und um ein gutes Wort war er nie verlegen.
Und Menschen, die mit ihm zu tun hatten, wurden satt und gesund und
ihnen gingen die Augen auf.
Schlimm, dass die Mächtigen ihn deshalb hinrichten ließen. Er war
ihnen beim Volk zu beliebt. Hätte das Volk ja gegen die Regierung
aufstacheln können. Also haben sie ihn gekreuzigt. Jesus hat das
geahnt. Und hat sich deshalb ganz bewusst von seinen Jüngern
verabschiedet. Mit einem Abendmahl. Dem letzten Abendmahl. Da hat er
Brot genommen und gesagt: Jedes Mal wenn ihr dieses Brot esst, denkt
an mich, vergesst mich nicht, folgt mir nach.
Deshalb wird in der Kirche das
Brot noch heute genommen. Auch wenn es nur noch eine kleine runde
Brot-Hostie ist. Jedes Mal wenn wir in der Kirche dieses Brot essen,
erinnern wir uns an Jesus. Halten wir ihn in unserer Mitte lebendig.
Das erste Mal von diesem besonderen
Brot essen - wissen, dass es um Jesu Leben, Tod und Auferstehung
geht. Dass das Brot nichts gewöhnliches, sondern etwas besonderes
ist, das ist die Erstkommunion - Weißer Sonntag: Wahrlich - Ein
Grund zum feiern.
Montag, 23. April 2001
Georg
Lieber Georg. Herzlichen Glückwunsch zu Deinem Namenstag. Denn
heute, am 23. April, ist Georgstag. Namenstag jenes Heiligen, der
einen Drachen getötet haben soll. Deshalb sieht man ihn auf
Darstellungen immer mit Lanze. Und unter oder vor ihm, der Drache -
meistens schon schwer verwundet.
Wahrscheinlich entstammte Georg einer vornehmen Familie aus
Kappadokien. Zuerst war er Soldat. Später Tribun im römischen
Heer. Um Georg ranken sich viele Legenden.
Und in einer dieser Legenden kommt der Drache ins Spiel. Er soll zu
jener Zeit das Land tyrannisiert haben. Die Leute konnten sich nicht
helfen. Also opferten sie dem Drachen jeden Tag zwei Schafe. Aber
irgendwann gingen ihnen die Schafe aus. Nun forderte der Drache
Menschenopfer. Das Los fiel auf die Tochter des Königs. Selbstlos
trat sie in Brautkleidung ihren Opfergang an. Aber im letzten Moment
erscheint Georg als strahlender Held und rettet die Königstochter.
Mit der Lanze verletzt er den Drachen und führt ihn vor den König.
Dort verspricht er das Untier zu töten, wenn sich alle Menschen im
Land taufen lassen. Und tatsächlich lassen sich daraufhin der
König und 15.000 Menschen taufen.
Wie kommen bloß solche Geschichten unters Volk? Drachen?
Drachentöter?
Wie bei vielen religiösen Geschichten, geht es auch hier nicht um
einen Tatsachenbericht, sondern um ein Bild: damals wurden die
Christen noch von Kaiser Diokletian verfolgt. Im Bild der Drache,
der auch vor Menschenopfern nicht zurückschreckt, um seinen Willen
zu bekommen. Dieser Drache ist mit der Kraft des Glaubens zu
besiegen. Der Glaube ist die Lanze Georgs, die den Drachen tötet.
Und der anschließende Aufruf zur Taufe bedeutet:
Wenn auch ihr zu eurem Glauben steht, werdet auch ihr den Drachen
töten können. Also nicht nur Georg = der Drachentöter, sondern
vor allem auch Georg = der im Glauben Starke.
Dienstag, 24. April 2001
Waschmaschine
Die Waschmaschine wird 100 Jahre alt. Gründliche Reinigung.
Schonung der Wäsche. 100 Liter Verbrauch. Kosten: 50 Mark.
So wurde die Waschmaschine 1900 eingeführt. Und eine begeisterte
Zeitgenossin schreibt:
"Auf ihre Anfrage teile ich Ihnen mit, dass ich seit einem
Jahre eine Waschmaschine im Gebrauch habe und dieselbe heute nicht
mehr entbehren möchte. Früher hatte ich neben meinem Mädchen noch
immer eine Waschfrau bei der Wäsche, die zusammen fast einen ganzen
Tag für die Wäsche brauchten. Heute macht es mein Mädchen allein
in einem halben Tag."
Hundert Jahre später kann die Waschmaschine noch viel mehr.
Verschiedene Programme, dazu fast trocken geschleudert. Statt einem
halben Tag Wäsche geht es nur noch ums Befüllen und Entladen der
Maschine.
Aber Dankesbekundungen, wie in dem Brief einer Hausfrau aus dem
Jahre 1900 gibt es nicht. Waschmaschine? Selbstverständlich.
Gehört dazu. Voll normal.
Für mich nicht. Jeden Tag, wenn ich mir nur einen Moment zum
Überlegen Zeit nehme, innehalte, entdecke ich so viele
Errungenschaften, die mein Leben leichter machen.
Das möchte ich nicht als völlig normal hinnehmen - denn es ist
nicht völlig normal - ich habe mich nur schon sehr an vieles
gewöhnt.
Heute möchte ich dafür lieber einmal Danke sagen:
Danke Gott, dass Du uns unseren Erfindungsreichtum geschenkt hast.
Donnerstag, 26. April 2001
Das Dorf "Welt"
Die Welt scheint groß und unübersichtlich. Deshalb verliere ich
die Perspektive für das Zusammenspiel auf der Welt oft aus dem
Blick.
Aber was wäre, wenn die Welt ein Dorf wäre? Man stelle sich vor:
auf der ganzen Welt gibt es nur ein Dorf mit 100 Einwohnern.
Nun - nach dem heutigen Stand der Dinge würde das bedeuten: Von den
100 Einwohnern wären 57 Asiaten, 21 Europäer und 8 Afrikaner. 70
Menschen im Dorf wären Analphabeten - haben nie eine Schule
besucht. Das muss man sich mal vorstellen. Aber was noch schlimmer
ist: 50 Menschen im Dorf "Welt" wären unterernährt.
Nur 6 Menschen wären reich - aber dafür dann so richtig reich:
denn diesen 6 Menschen würden 50 Prozent aller Gelder des ganzen
Dorfes gehören. Und bei hundert Einwohnern hätte nur ein einziger
Mensch im ganzen Dorf einen Computer.
Die Welt als Dorf: Wenn ich mir das vorstelle, dann werden
Unterschiede und Ungerechtigkeiten plötzlich ganz deutlich - nicht
mehr "das ist ja alles soweit weg." Sondern:
"Eigentlich geht es mir unglaublich gut: Ich gehöre zu den 6
ganz reichen, bin vielleicht sogar der eine mit dem Computer."
Nein - es geht mir nicht darum, jemandem ein schlechtes Gewissen zu
machen. Aber es ist gut, sich immer wieder daran zu erinnern: es
gibt Ungerechtigkeiten - und so lange mir das nicht egal ist, bieten
sich vielleicht Chancen zur Veränderung.
Freitag, 27. April 2001
Soja-Wahn
Rinderwahn, Schweinepest, Maul- und Klauenseuche. Wir sind
hellhörig geworden. Was kommt auf den Mittagstisch?
Tiermehlverbot! Gut und schön - aber womit sollen die Viecher dann
gefüttert werden? Sojaschrot rufen einige besonders eifrige - denn
da kann nichts passieren.
Aber trotz des neuen, wachen, aufmerksamen Verbraucherbewusstseins -
der Ruf nach Sojaschrot ist genauso kurzsichtig wie die Sache mit
dem Tiermehl.
Denn woher kommt das Sojaschrot? Die EU importiert jährlich bereits
jetzt rund 14 Millionen Tonnen Soja. Zu einem großen Teil aus
Brasilien. Dort wird die Sojabohne seit 1960 angebaut. Damals noch
von Kleinbauern. Die sind heute fast überall von
landwirtschaftlichen Großbetrieben verdrängt. 34 Millionen Tonnen
Soja wurden letztes Jahr produziert. Dazu sind riesige Flächen
nötig. 13 Millionen Hektar Land werden mit Soja bebaut. Das kommt
nicht von ungefähr. Große Teile des Brasilianischen Regenwaldes
wurden abgeholzt. Für den Sojaanbau.
Im Zeichen des Rinderwahns wird der Ruf nach Sojaschrot noch lauter.
Die Brasilianer sind bereit. Die Kettensägen werden schon gewetzt.
Noch ist etwas Regenwald übrig. Den könnte man für die
Sojawirtschaft weiter abholzen. Kann man ihnen auch nicht verdenken.
Den Brasilianern. Staatsverschuldung, Armut. Da ist der Sojaexport
eine Chance.
Schluss damit! Es geht nicht einfach nur um sauberes Rindfleisch.
Die Forderung muss vielmehr heißen: Weniger Rindfleisch! Denn
weniger Rindfleisch bedeutet weniger Futtermittel. In der
katholischen Tradition war der Freitag Fasttag: heute kein Fleisch.
Nehmen wir diese Tradition wieder Ernst. Denn der Fleischverzicht am
Freitag tut uns allen gut: Er bedeutet weniger Futtermittel; das
bedeutet die Chance zu ökologischem Landbau, zu weniger Sojaschrot,
zu Verzicht auf Tiermehl, und damit letztlich zum Erhalt des
Regenwaldes.
Samstag, 28. April 2001
Apokalypse
Deep Impact - Armaggedon - Das 7. Zeichen - Vulcano - Das fünfte
Element.
Allen Filmen gemeinsam: Weltuntergangsstimmung. Oder auch:
Apokalypse.
Damit ist in Hollywood gutes Geld zu verdienen. Denn der
Weltuntergang bedeutet meist donnernde und knallende
Katastrophen-Action mit bunten Specialeffekten. Und das lockt
Zuschauer in die Kinos.
Ob so auch Leo Kirch denkt? Als Abschluss seines 300 Millionen Mark
teuren Bibelzyklus steht die Apokalypse auf dem Programm. Im Sommer
soll sie inszeniert werden. Also ein Weltuntergangsfilm mehr? Mit
zahlreichen Spezialeffekten und knalliger Action?
Ich hoffe nicht.
Denn obwohl man gemeinhin Apokalyse mit Weltuntergang gleichsetzt,
meint das biblische Buch Apokalypse etwas anderes.
Das griechische Wort apokalyptein meint: "etwas
enthüllen", "etwas offenbaren"; auch einfach:
"seine Gedanken offenbaren". Das Buch heißt deshalb zu
Deutsch: Die Offenbarung des Johannes. Der Verfasser bezeichnet sich
selbst als "Knecht Johannes." Wahrscheinlich schrieb er um
90 nach Christus. Damals herrschte Christenverfolgung. Kein Wunder,
wenn Johannes in Weltuntergangsstimmung war. Aber seine Gedanken
sind nicht negativ. Im Gegenteil. Was er offenbart, mag zwar unter
schlimmen Vorzeichen beginnen, ist aber eine wundervolle Vision:
"Ich sehe einen neuen Himmel und eine neue Erde," beginnt
er. Und fährt fort: "Ich sehe eine heilige Stadt, von Gott her
aus dem Himmel kommend. Und ich höre eine laute Stimme, die ruft:
Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Keine Tränen in
unseren Augen, Kein Tod mehr, keine Trauer, keine Klage, keine
Mühsal - sondern Gott unter uns."
Das wird die Apokalypse sein - ein Freudenfest.
Ihre Meinung und Kritik
zu
den
"Gedanken" interessieren uns,
hier können Sie sie uns mitteilen
Steinmann@Kirche-im-SWR.de
|